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TORTOUR

Nach langer Vorbereitung und Zeit der Entbehrungen, dank Fokus auf das grosse Ereignis, war es endlich soweit, der Wettkampf stand vor der Tür.

Am Tag vor dem Rennen konnten wir uns im Prolog eine Zeitgutschrift ersprinten: 1.5 Km mit 15% Steigung am Ende. Um nicht kalt in diesen Sprint zu starten fuhren wir uns bei strahlendem Sonnenschein ein. Leider gab es Verzögerungen in dem Zeitplan und so konnten wir, nach einer Photosession, erst 30 min nach der geplanten Zeit starten. Unsere Muskeln waren kalt und in der Steigung ging bei mir gar nichts mehr. Puls am obersten Ende, Vortrieb am untersten Ende. Nunja wir konnten den verlorenen Zeitbonus von ca 5 min verkraften, denn der nächste Tag würde lang werden.

Nach einer kurzen Nacht fiel dann am nächsten Morgen um 4:55 der Startschuss. Hinunter durch die noch menschenleeren Strassen fuhren wir im Dunkeln Richtung Frauenfeld. Einzelne Lichter der vor uns fahrenden Teams erleuchteten die Nacht. Unsere Devise war sich nicht von der Anfangseuphorie anstecken zu lassen, sondern im grünen Bereich den Tag zu starten. Und trotzdem sammelten wir das eine und andere Team, welches einen grösseren Zeitbonus hatte, ein. Trotz der langen Distanzen kam das Wettkampf-feeling auf, besonders mit einem Mitbewerber-Team das scheinbar gleich schnell unterwegs war als wir. Kaum hatten wir sie eingeholt, mussten wir entweder einen planmässigen oder ausserplanmässigen Stopp einlegen, und schon waren sie wieder vorbei. Wir fragten uns schon ob die nie halten müssen? Nie die Flaschen füllen? Nunja nach dem 3. Stopp sahen wir sie dann nicht mehr, da wir mit grösserem Tempo, gegen den Wind, das Rheintal hochgefahren sind. In Netstal, auf halber Strecke, füllten wir wieder unsere Rucksäckchen mit den im Vorhinein deponierten Pulvern und Riegeln.

Nun stand die nächste Herausforderung vor uns: der Aufstieg zum Klöntalersee und Pragelpass. Die Temperaturen kletterten schonungslos in die Höhe und der Schweiss tropfte von der Stirn. Ich ermunterte mich mit dem Gedanken daran, dass es bergauf ging und je weiter man hoch fährt umso kühler wird es. So war es natürlich dann auch, nicht destotrotz war es keinesfalls kühl. Aber eben, die Gedanken sind auch wichtig. Wir waren nicht alleine, denn auch andere Teams kämpften den Berg hinauf. Da machte sich doch einer lustig über mein Tri-Rad, dass dies doch nicht das geeignete Gefährt sei. Recht hat er, aber auf der Ebene und gegen den Wind werde ich das Argument umdrehen. So lächelte ich vor mich hin und dachte: meine Zeit kommt noch! Meine Beine fühlten sich super an und trotz Tri-Rad erreichte ich problemlos die Passhöhe. Reto liess sich ein wenig mehr Zeit. Die Abfahrt nach Muotatal ist kein Vergnügen und nicht ungefährlich. Leider kam es zu kritischen Situationen, da entgegenkommende Motoradfahrer meinten sie seien alleine auf der engen Strasse und könnten die Kurven schneiden. Zum Glück ist nichts passiert.

Hinunter Richtung Schwyz kam dann unsere Stunde, erneut gegen den Wind, aber in optimaler Aeroposition. Der später folgende Aufstieg auf den Sattel hatte es in sich. Steil, heiss, ohne Wind, in der prallen Sonne und schon über 200 km in den Beinen. Diese Konstellation forderte ihren Tribut. Zum Glück konnten wir uns an einem Brunnen abkühlen und frisches Wasser tanken. Reto fühlte sich nicht wohl und so machten wir eine längere Pause zwecks Erholung. Dank dieser sank unsere Betriebstemperatur und so konnten wir das Rennen fortsetzen. Ab da stellte Reto auf Cola um, was uns zwar zu weiteren Halts an Tankstellenshops zwang, jedoch ihm die notwendige Kraft gab weiter zu fahren. Nun lag der Fokus nur noch auf das Ankommen.

Um Winterthur zog noch ein starkes Gewitter auf. Die Lichtverhältnisse ähnelten dem Eindunkeln der Nacht, sodass wir sogar unser Licht einschalten mussten. Heftige Windböen wollten uns von der Strasse fegen und der Regen zum Unterstehen zwingen. Wir hatten aber nur das Ziel vor Augen und liessen uns nicht beeindrucken. Umgeknickte Bäume forderten einen kleinen Umweg, was uns in diesem Moment auch egal war.

Die härteste mentale Herausforderung stand uns noch bevor, denn nachdem wir die Rheinbrücke in Schaffhausen überquert hatten und uns schon im Ziel sahen, galt es noch ca. 20 km um ganz Schaffhausen herum zu fahren bis dann endlich das Ziel erreicht war, wo uns unsere Frauen frenetisch empfingen. Stolz auf unsere gemeinsame Leistung konnten wir das Willkommensbier auf der Bühne geniessen.

Im Team solch einen Event zu bestreiten ist für mich sehr bereichernd. Es geht nicht nur darum sich auf seine eigene Leistung und Leistungsfähigkeit zu fokussieren, sondern auch darauf, dass es beiden gut geht. Das ist nicht selbstverständlich, braucht es doch gegenseitiges Vertrauen und auch den Mut und die Grösse sich selbst in schwierigen Momenten nicht so wichtig zu betrachten, denn das gemeinsame Ziel ist wichtig, nicht das individuelle.

Besonders möchte ich mich bei meiner Frau bedanken, denn nur dank ihrem Entgegenkommen und ihrer Toleranz war dieses Abendteuer überhaupt möglich. Meinen besten Dank gilt auch Toni für die akribische Vorbereitung und persönliche Betreuung, allen meinen Freunden und Arbeitskollegen die am Live Tracker oder im Herzen stets mitfieberten und litten.

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